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ChatGPT macht meine Hausaufgaben – und das ist gut so! – Lehrplan Informatik im Blickpunkt

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Stellt euch vor: 2022 wird ein brandneuer Lehrplan für Informatik entwickelt. Nur wenige Monate später kommt ChatGPT um die Ecke und stellt scheinbar alles auf den Kopf. Doch was bedeutet das wirklich für unseren Unterricht?

Die provokante Frage: Macht KI die Schule überflüssig?

Diese Frage brennt vielen Lehrern unter den Nägeln – und sie ist durchaus berechtigt. Tools wie ChatGPT schreiben komplette Aufsätze, finden Fehler im Code und erstellen ganze Präsentationen. Was früher der Kern von Hausaufgaben war, erledigt heute eine KI in Sekunden. Das stellt uns Pädagogen vor völlig neue Herausforderungen:

  • Wie bewerten wir noch fair, wenn die KI die Arbeit übernimmt?
  • Wo bleibt die eigene Leistung der Schüler?
  • Wie unterscheiden wir zwischen KI-generiertem und eigenständig erarbeitetem Content?

Der Lehrplan im Stresstest: Überraschend zeitlos

Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die Grundlagen des sächsischen Informatik-Lehrplans von 2022. Die Kernziele waren bereits vor der KI-Welle erstaunlich weitsichtig:

Digitale Souveränität statt Software-Bedienung: Es ging nie darum, Word oder spezielle Programme zu erlernen. Im Mittelpunkt standen immer zeitlose Denkweisen:

  • Problemanalyse
  • Lösungsentwurf
  • Kritische Bewertung
  • Systematisches Vorgehen

Diese analytischen Kompetenzen sind nicht nur nicht veraltet – sie sind wichtiger denn je. Denn ohne sie können wir KI-Tools gar nicht sinnvoll nutzen.

Ada Lovelace hatte recht: Die Maschine denkt nicht

Bereits im 19. Jahrhundert erkannte Ada Lovelace, die erste Programmiererin der Welt: „Die Maschine ist kein denkendes Wesen. Sie ist ein Automat und braucht unseren Verstand, um sie zu lenken.“

Genau das erleben wir heute wieder. Eine KI kann bei der Umsetzung brillant sein, aber:

  • Sie kann nicht selbstständig ein Problem analysieren
  • Sie kann nicht kritisch beurteilen, ob das Ergebnis Sinn macht
  • Sie ist ein Werkzeug, aber kein Denker

Kritisches Denken, Analyse und Bewertung – ohne diese Skills sind wir der KI hilflos ausgeliefert.

Perspektivwechsel: KI als Partner im Klassenzimmer

Statt KI nur als Bedrohung zu sehen, sollten wir sie als „vierten Lehrer“ im Klassenzimmer begreifen. Sie kann verschiedene Rollen übernehmen:

  • Sokratischer Fragesteller: Zielgerichtete Fragen zum Nachdenken
  • Geduldiger Lernpartner: Hilfe beim Debugging und Ideenfindung
  • Inspirationsquelle: Anregungen für neue Lösungsansätze
  • Qualitätsprüfer: Feedback zu Struktur und Vollständigkeit

Wie Alan Turing schon sagte: „Wenn wir erwarten, dass eine Maschine perfekt ist, kann sie nicht gleichzeitig intelligent sein.“ Die Fehler und Lücken der KI sind unser Lernraum.

Praxis: Vom Endergebnis zum Prozess

Der Unterrichtsalltag muss sich entsprechend anpassen. Der Fokus verschiebt sich:

Alte Hausaufgabe: „Erstelle eine Präsentation über die Geschichte der Informatik.“

Neue Hausaufgabe: „Lass dir von einer KI eine Gliederung erstellen. Kritisiere sie, finde die Schwachstellen und baue darauf deine eigene, verbesserte Präsentation auf.“

Die entscheidenden Fragen sind nicht mehr:

  • Was hast du rausbekommen?

Sondern:

  • Wie bist du dahin gekommen?
  • Warum hast du die KI so genutzt?
  • Wo hast du ihre Ergebnisse kritisch hinterfragt und verbessert?

Die große Hausaufgabe für das Bildungssystem

Die wahre Herausforderung liegt nicht in der Technologie, sondern in unserer Pädagogik. Wir müssen nicht den Lehrplan entsorgen – wir müssen unsere Unterrichtsmethoden anpassen.

Das Fundament (Lehrplan) ist solide. Es definiert die wichtigen Kompetenzen. Das „Wie“ der Umsetzung müssen wir Lehrer neu erfinden – das ist die kreative Aufgabe.

Die offenen Fragen

Am Ende bleibt eine große Herausforderung: Wie bewerten wir Kompetenz, wenn Antworten nur einen Klick entfernt sind? Wie testen wir kritisches Denken, wenn Faktenwissen nichts mehr zählt?

Diese Fragen werden uns noch lange beschäftigen. Aber eines ist klar: Die Grundprinzipien des Informatik-Unterrichts – Analyse, Bewertung, strukturiertes Denken – sind relevanter denn je.

Fazit: KI als Verstärker, nicht als Ersatz

KI macht den Informatik-Unterricht nicht überflüssig. Sie macht ihn wichtiger. Denn nur wer die Grundlagen des strukturierten Denkens beherrscht, kann KI als mächtigen Partner nutzen.

Der sächsische Lehrplan von 2022 war seiner Zeit voraus – er hat die richtigen Kompetenzen identifiziert. Jetzt liegt es an uns Lehrern, diese Kompetenzen in einer KI-geprägten Welt zu vermitteln.

Welche Erfahrungen haben Sie mit KI im Informatik-Unterricht gemacht? Teilen Sie Ihre Gedanken in den Kommentaren!


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